März 1945 – Kriegsende in Waldbreitbach

Erinnerungen von Liesel Kappes

6. März: Köln – Düsseldorf – Krefeld sind von den Amerikanern eingenommen. Bis Bonn haben die Amerikaner den Rhein erreicht.

7. März: Amerikaner in Remagen – Breisig – Koblenz. Deutsche Soldaten haben Hauptverbandsplatz in der alten Schule in Waldbreitbach eingerichtet. Soldaten verdreckt und abgehetzt, Offiziere ohne Achselstücke, kein Brot, keine Lebensmittel.

9. März: Stallag Trier (Gefangenen-Stammlager) waren hier von Trier aus evakuiert. Geschäftsstelle (Büros) waren im Hotel „Vier Jahreszeiten“ untergebracht. Kasino im Gasthaus Becker. Kriegsgefangene (Russen) waren im Schlachthaus Kappes untergebracht. Am 9.3. haben sie wegen der nachrückenden Front Waldbreitbach verlassen.

11. März: In der jetzigen Kolpingstraße ist ein Geschoss eingeschlagen. Fensterscheiben sind alle kaputt.

13. März: Es wird immer schlimmer. Die Hausener Brücke ist unpassierbar. Schulkinder Paul Theisen und Anneliese Schneider vom Gutshof der Lungenheilstätte kommen am Hausener Denkmal an der Brücke ums Leben.

15. März: Ständig fliegen die Aribeobachter über Waldbreitbach. Granaten zerstören alte Schule (Zwei Frauen und ein Baby tot im Keller), Junior und Jonas. Bomben auf Haus Reutermann (Ecke Marienstraße), Wagner und Stoffel.

Mitte März schlug im Geschäft von Peter Reuschenbach eine Granate ein und verletzte Frau Anna Reuschenbach (geb. Hoitz) tödlich. Dr. Pieper wurde noch gerufen, der auch noch im Dorf geblieben war. Er konnte nur noch den Tod feststellen.
Frau von Simon Hardt (Hausen) hat in Scheidts Laden einen Sohn (Josef) geboren.
Im Waisenhaus hat eine Granate im früheren Saal einen Brand ausgelöst. Jakob Kappes und Fritz Janssen (Mann von Katharina, geb. Scheidt) haben mit Eimern diesen Brand löschen können. Dort standen die ganzen Kleiderspinde der Waisenkinder. Die Ordensschwestern, die im entgegengesetzten Teil des Hauses an der Kirchtreppe im Keller waren, hatten das Feuer gar nicht bemerkt.

Wir (Kappes) hatten die Kühe von unserer Verwandtschaft (Junior) in unseren Stall untergebracht. Die Milch haben wir täglich in die Stollen der „Grube Lück“ und „Katzenschleife“ gebracht. Im anliegenden Gebäude wurde dann Milchsuppe gekocht. Wir mussten also täglich die Wiedbrücke zu Fuß überqueren. Das war sehr gefährlich, denn die Ari-Flieger beobachteten immer. Wir mussten auch jeden Morgen bei Juniors in den Trümmern Futter holen. Ich (Liesel Kappes) hatte eine Schubkarre mit Runkelrüben beladen und mein Vater ein Krauttuch Heu, welches über der Schulter getragen wurde. Als unser Haus vom Beschuss beschädigt wurde, sind mein Vater und ich nebenan bei Scheidts in den Keller. Meine Mutter, Tante Franziska und Tante Lieschen (Reuschenbach) waren in der Apotheke im Keller. Auch im Hotel „Vier Jahreszeiten“ war auf der Veranda, vor dem Saalaufgang hinten, eine Granate eingeschlagen und löste einen Brand aus. Den haben wir auch eimerweise mit Wasser gelöscht. Wie der Zufall es wollte, hatten wir (Kappes) zu dieser Zeit eine Quelle außen am Schlachthaus. Wir hatten immer eine Menge Behältnisse voll Wasser griffbereit, um schnell löschen zu können.

Auch im Gasthof „Zur Sonne“ hat es gebrannt. Fritz Janssen und Jakob Kappes haben das Feuer mit Jauche aus der Grube gelöscht. Da die Familien Kröll und Scheid (Landwirtschaft) noch Vieh im Stall hatten, was gefährdet war, haben wir es auf die Weide am Gemeindehaus am „Auer Weg“ getrieben. Dort haben wir die Kühe auch täglich (morgens und abends) gemolken und diese Milch ins Waisenhaus gebracht. Frau Katharina Boden (Bäckerei) hat auch häufiger beim Melken geholften. Herr Boden hat immer noch Brot gebacken.

Die Märztage 1945 waren ausgesprochen warm und sonnig. Die Wied konnte damals in Höhe von Nassens Mühle gut durchquert werden. Es war kaum Wasser in der Wied. Der Saal des Gasthofes „Schützenhof“ wurde auch bombardiert und brannte aus. Dort waren noch Lebensmittelvorräte (Zucker usw.) gelagert.

18. März: Café Schmitz – Zimmermann – Schmitz an der Kirchtreppe wurden durch Phosphor-Granaten zerstört. Alte Schule drei volle Tage gebrannt. Tote in letzter Minute im Glockenturm geborgen.

19. März: Sind die Ordensschwestern des Waisenhauses mit den Kindern in Richtung Puderbach geflüchtet.

20. März: Kam der Befehl der hiesigen deutschen Soldaten zum Räumen der Bergwerksstollen, in die viele Waldbreitbacher geflüchtet waren.

22. März: Die Ordenschwestern kamen mit den Kindern wieder zurück. Einschlag bei Scheidt/Nachbarschaft und Haus Reuschenbach, Oberdorf, vier Tote.

23. März: Morgens in aller Frühe wird Waldbreitbach durch Amerikaner eingenommen.