Kreuzkapelle

Schon weit bevor Mutter Rosa Flesch, die Gründerin des Waldbreitbacher Schwesternordens, und Bruder Jacobus Wirth, der Gründungsobere der Franziskanerbrüder der Genossenschaft Hausen, mit ihren ersten Begleitern  die beiden Klausen der Kapelle als ihr Domizil bezogen und später dort – die Brüder 1862, die Schwestern 1863 – feierlich ihre ersten Ordensgelübde ablegten, war die kleine ‘Kreutzkirche’ oder ‘Amtskapelle zum hl. Kreuz’, wie die Kirche damals auch bezeichnete wurde, in steter Obhut und Betreuung der hiesigen Zivilgemeinden. Die Federführung lag in den Händen des ‘Amtes Neuerburg’ zu Waldbreitbach.

Mit Ausnahme der Gemeinde Kurtscheid, die sich seit Errichtung der Kapelle 1694 aus gegebenem Grunde nie an der Unterhaltung und sonstigen Verpflichtungen beteiligte, trugen die übrigen dem ‘Amt Neuerburg’ angeschlossenen Gemeinden für sie die volle Verantwortung. Unabhängig von der Pfarrei, die um 1820 etwa 2.500 Seelen umfasste, hatten die Gemeinde Einsassen für die Priester oder Vikare wie auch für die bauliche Unterhaltung erhebliche Mittel aufzubringen. Es ist daher nicht verwunderlich, daß die damit verbundene finanzielle Verpflichtung der ‘Gemeinde-Glieder’ nur mit geminderter Zuverlässigkeit geleistet wurde. Hatten doch die Gläubigen z.B. aus den nahe gelegenen Orten Niederbreitbach, Bremscheid und Waldbreitbach den bedeutenden Vorteil, die dort angesetzten Gottesdienste in angemessener Zeit zu Fuß besuchen zu können. Dies war den Besuchern von Roßbach und den Bewohner der Gemeinde Breitscheid nicht so einfach möglich.

1832 gab der seinerzeit amtierende Bürgermeister Pasch in einem Brief , den er an den zuständigen Generalvikar richtete, seiner Befürchtung Ausdruck, ‘…es drohe der Untergang der Kreuzkapelle’. Obwohl seit 1833 die Stelle eines Vikars in der Kapelle nicht mehr besetzt werden konnte, bemühten sich die Gemeindeschöffen, den vorhandenen Engpass zu meistern. Der neue Bürgermeister Liesering versuchte die unterschiedlichen Meinungen der ‘Gemeindeeinsassen’ auszuloten, was keine leichte Aufgabe war. Der Waldbreitbacher Pfarrer Scheffer schaltete sich ebenfalls ein. Unter seinem Einfluß wurden 1841 bis 1845 umfangreiche Maßnahmen einer baulichen Innensanierung der Kapelle realisiert. Vorrangig wurde dies dank erheblicher Spenden der opferbereiten heimischen Gläubigen möglich, ferner flossen beachtliche Mittel aus Sonderkollekten. Damit war die beabsichtigte und wohl auch nötige Umgestaltung des Raumes im Innern der Kapelle gesichert.

Noch immer aber stand eine personelle Lösung aus, nämlich einen Geistlichen zu verpflichten, der sich dort ständig zur Zelebration bereiterklärte. Nach vorübergehender Unterbrechung fand man eine Lösung. Etwa ab 1840 wurden die Sonntagsgottesdienste von April bis Oktober eines Jahres wieder als Frühmesse gelesen. Ein Entgelt für diese Dienste wurde fast weitere 30 Jahre lang aus dem Budget der Zivilgemeinden bestritten. Zu dieser „freiwilligen“ Umlage waren, soweit katholisch, alle Haushalte verpflichtet.

Dies war jedoch nicht von langer Dauer. Es war der neue Bürgermeister Prestinari, seines Zeichen evangelischer Christ, der sich die Frage stellte ‘auf welchem Rechtstitel die Verpflichtung der politischen Gemeinde beruhe’ ?

Nach umfassender und sorgsamer Erkundung mit dem Landratsamt zu Heddesdorf, sowie Beratung mit dem zuständigen Referat der königlichen Regierung zu Coblenz wird die vom 30. Mai 1876 durch Landrat von Runkel verfügte Sistierung zur Einstellung aller Zahlungen aus dem Gemeindebudget gültig. Wirksam wird sie zum 1. Januar 1877. Die Kompetenz für die Kapelle war nun der Pfarrei Waldbreitbach übertragen.

Damit ging zunächst eine arge Vernachlässigung des Gotteshauses einher, man sprach Anfang der neunziger Jahre des vorletzten Jahrhunderts von einem ‘baulich schlechten Zustande’ der Kapelle. Dies war für Pfarrer Baulig, der seit 1884 der Kirchengemeinde vorstand, ein Anlass vorzuschlagen, die Kapelle abzureißen, lediglich der Chor des Bauwerkes sollte erhalten bleiben.

Hiergegen muß die Bevölkerung oder zumindest ein Teil der engagierten Gläubigen heftig protestiert haben. Denn es wurde aufgrund einer beachtlichen Opferbereitschaft der Menschen 1897/98 eine gründliche und auch notwendige Sanierung eingeleitet. Diese konnte endgültig erst im Jahre 1891 abgeschlossen werden. Bei dieser Maßnahme wurden die an beiden Seitenschiffen zum Berg hin angebrachten äußeren Treppen, welche zu den Klausen führten und durch eine Holzverkleidung vor Regen geschützt waren, abgerissen. Ersetzt wurde der Zugang zu den Klausen durch Errichtung von zwei Holztreppen im Innern des Querschiffes. Die ursprünglichen 10 Dachgauben werden bis auf zwei entfernt. Ebenfalls wurden die zwei Kamine im nördlichen und südlichen Dachfirst beseitigt.  …

Nur zu ganz wenigen Anlässen klingt heute noch ab und zu die alte Turmglocke der Kapelle. Sie hat es in unserer Zeit schwer, sich gegen den Verkehrslärm der vorbeiführenden Straße zu behaupten.
Der ‘Kapelle Theiss’, mit bürgerlichem Namen Mathias Schmidt aus Niederbreitbach, hat etwa Mitte der 60er Jahre des 19 Jh. in den verlassenen Klausen des Kirchleins gelebt. Zuverlässig hat er täglich beim ‘Angelus’ oder beim HeranNahen eines Leichenzuges das Glöcklein geläutet. Als die Glocke im Dezember 1883 überraschend längere Tage nicht zu vernehmen war, suchte man den einsamen, etwas skurrilen ‘Theiss ‘, jede Hilfe aber kam zu spät. Einsam wie er war, nur in Gesellschaft von hässlichem Ungeziefer, hatte er das Zeitliche gesegnet.

Textquelle: Richard Schicker